In welcher Welt wollen wir leben?

Vortrag in Landshut

Einleitung

In welcher Welt wollen wir leben? Ich bin eingeladen, als Jesuit auf diese Frage zu antworten. Da ist es als erstes nötig zu klären: Was ist das typisch Jesuitische? Von welcher Position aus nehme ich zu unserem Thema Stellung?

Das typisch Jesuitische

Der Jesuitenorden ist entstanden und zuinnerst geprägt durch die Lebensgeschichte, die Lebenserfahrung des Inigo de Loyola. Er wurde 1491 als zwölftes Kind und jüngster Sohn einer baskischen Adelsfamilie geboren. Seine Lebensideale waren die eines spätmittelalterlichen Ritters baskisch-spanischer Prägung: Kriegerischer Ruhm, ehrenvolle Stellung am Hof, Reichtum, sexuelle Abenteuer und irgendwann die Ehe mit einer attraktiven, hochgestellten Frau. Er genoss eine höfische Ausbildung und wurde Offizier. Er war ein konventioneller Katholik, ein willensstarker und ehrgeiziger Mann.

Bei der Belagerung der Festung Pamplona im Jahr 1521 war er die Seele des Widerstandes, wurde verwundet und dann auf einer Bahre auf sein heimatliches Schloss getragen. Der zerschossene Unterschenkelknochen wuchs krumm zusammen, er ließ ihn in einer martialischen, lebensgefährlichen Operation noch mal brechen und verbrachte dann lange Wochen auf dem Krankenbett. Er wollte sich die Zeit mit den üblichen Ritterromanen vertreiben, die um sein Lebensideal kreisten. Die fromme Schwägerin hatte solche Literatur nicht im Haus. Sie gab ihm Heiligenlegenden. Die las er, zunächst notgedrungen und mit Widerwillen. Allmählich machte er eine Entdeckung: ‚Wenn ich mich in meinen Phantasien meinen gewohnten Lebensträumen hingebe, dann bin ich im Moment davon wie gebannt – aber nach einer Weile komm ich mir schal und ausgetrocknet vor. Wenn ich mich dagegen ins Leben zB des heiligen Franziskus vertiefe, dann lockt mich das nach anfänglichem Widerstand mehr und mehr und - vor allem – es bleibt danach ein Gefühl von tiefer Zufriedenheit.’

Von dieser Anfangserfahrung ausgehend entwickelte er seine Methode der „Unterscheidung der Geister“. Kurz gesagt: Das, was mich innerlich auf Dauer erfüllt – er nannte es „Trost“ - , ist der gute Geist, der von Gott kommt. Das, was mich nur kurzfristig befriedigt und auf Dauer ein schales Gefühl hinterlässt, ist vom bösen Geist. Er nannte es „Trostlosigkeit“.

Inigo entschloss sich, nach seiner Genesung - zunächst heimlich- einem neuen Lebensideal zu folgen: Er wollte wie die großen Heiligen leben und Jesus nachfolgen. Durch viele Krisen hindurch machte er intensive mystische Erfahrungen. Er spürte: ‚Gott will mich, er handelt an mir.’ Der Dreißigjährige kam sich vor wie einer, der einen neuen Verstand bekommen hat, ein völlig neuer Mensch geworden ist. Aus einem konventionellen Katholiken war ein innerlich entschiedener Christ geworden, von dem der gewagte Satz stammt: „Selbst wenn es keine heilige Schrift gäbe, er wäre von allem, was da drin steht, überzeugt, allein aufgrund dessen, was er erfahren hat.“ (vgl Bericht des Pilgers, Nr 29)

Auf die Frage „Was ist das grundlegend Jesuitische“ lautet die Antwort: Es ist der existentielle Umwandlungsprozess des heiligen Ignatius, den er als Lernmodell in den Geistlichen Übungen, den Exerzitien, niedergelegt hat. Die Exerzitien wollen jeden, der sich auf sie einlässt, durch die Betrachtung des Lebens Jesu zu einer „Wahl“, zu einer persönlichen Glaubenserfahrung und Lebensentscheidung führen. Am Ende der Exerzitien steht eine universale Vision: Wie die Strahlen der Sonne steigt die Liebe Gottes herab auf alle Menschen. Dieser universellen Vision weiht der Jesuit sein Leben und seine Freiheit.

Die eigentümliche Verbindung von urpersönlicher Erfahrung und universaler Vision ist das typisch Jesuitische. Alles ist zentriert in der Person Jesu Christi. Deshalb war Ignatius von Loyola, der 1556 starb, der Name „Gesellschaft Jesu“ – Societas Jesu – für seinen neuen Typ von Orden so wichtig. Deshalb stellte er sich mit seinen ersten Gefährten dem Papst als dem universalen Hirten der Kirche zur Verfügung. Der Jesuitenorden ist ein typisches Kind der frühen Neuzeit: mit der Entdeckung des einzelnen und seiner persönlichen Glaubensentscheidung als Standbein und der Entdeckung der neuen Welt und damit einer globalen Vision als Spielbein für künftige weltweite Aktionen.

Teilhard de Chardin SJ und Karl Rahner SJ

Lassen Sie mich das im 16. Jahrhundert grundgelegte „typisch Jesuitische“ durch zwei jesuitische Kronzeugen des 20. Jahrhunderts vertiefen und verdeutlichen, und zwar durch ein visionäres Bild von Teilhard de Chardin und ein Zitat von Karl Rahner. Damit gebe ich schon eine erste Antwort auf die Frage: In welcher Welt wollen wir leben?

Der französische Jesuit Teilhard de Chardin (1884-1955) hat unter enormen innerkirchlichen Widerständen die evolutive Weltsicht in die katholische Theologie eingebracht. Bis in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts waren die Theologen auf ein statisches, an mittelalterlichen Ordnungsvorstellungen orientiertes Weltbild festgelegt. Durch Teilhard geschah ein Paradigmenwechsel. Sein Grundaxiom: Gott macht, dass die Dinge sich entwickeln und seiner Zukunft entgegen wachsen.

Sein visionäres Bild war das eines kreisenden Kegels. Evolution bedeutet, dass sich die materiellen Elemente über Jahrmillionen zu immer komplexeren Einheiten zusammenfinden: von der leblosen Materie über organisches Leben zum Tierreich und schließlich zur „Hominisation“, zur Entstehung des Menschen. Die Spitze des Kegels bildet der Gottmensch. Auf ihn hin ist alles geschaffen. Er ist das Alpha und Omega alles Geschaffenen, der geheimnisvolle Bezugspunkt des Anfangs und der Zielpunkt der Vollendung. Er ist die innere Seele des gesamten kosmischen Geschehens. Am Ende der Zeit wird er, der schon einmal als Jesus von Nazareth in der Welt war, in Erscheinung treten als Zielbild der Schöpfung. Die innere Trift der Evolution ist Entwicklung hin zu höheren, komplexen geistigen Einheiten. Gut ist alles, was zu Einheit in Liebe und Freiheit führt; böse alles, was diese Einheit behindert und die Elemente zerstäuben und sich in nichtiger Vereinzelung verlieren lässt.

Damit haben Sie ein Bild von der Welt, in der ich leben will. Alles zu sehen in dem auf dem Grund der Wirklichkeit verborgenen Christus. Realität zu sehen und zu deuten als Wirk-lichkeit, als Entwicklungspotential hin zu mehr Menschlichkeit, Liebe und Freiheit. Dazu möchte ich mit meinem Leben meinen kleinen Beitrag leisten und die Evolution in diesem Sinn voranbringen.

Das zutiefst Menschliche ist nach dieser Vision das wahrhaft Göttliche. „Gott suchen und finden in allen Dingen“ – ist eine typisch jesuitische Devise. Gott vornehmlich suchen und finden in jedem Menschen, der schlicht dadurch, das er oder sie Mensch ist, nach dem Urbild des Gottmenschen geschaffen ist. Das gilt es bewusst zu machen. Ich muss Christus nicht zu den Menschen bringen, ich darf den in jedem Menschen verborgenen Christus bewusst machen und zum Leben erwecken.

Ein solch christliches Lebenskonzept geht nur aus Glauben. Dazu ein Zitat von Karl Rahner (1904 – 84), dem großen Jesuitentheologen, der vom modernen Menschen her auf Gott hin dachte. Er nannte dieses Konzept „theologische Anthropologie“. Er schrieb einmal: „Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein, einer, der etwas erfahren hat, oder er wird nicht mehr sein.“

Sie hören sicher schon das typisch Jesuitische heraus: Glaube ist nicht etwas Verordnetes, kein System von Sätzen, die für wahr zu halten sind. Glaube ist grundgelegt in einer persönlichen, inneren, umwälzenden Erfahrung.

Die Welt, in der ich leben will, sollte eine Welt sein, wo Menschen von Kindesbeinen an persönliche Erfahrungen machen können, die in die Tiefe führen, Erfahrungen der Stille, Erfahrungen fraglosen Glücks und durchgestandenen Dunkels, Erfahrungen der Kreativität und des Einsatzes für andere. In all dem geht uns Menschen etwas vom Geheimnis der Wirklichkeit auf. Existentielle Erfahrungen lassen uns ahnen, dass wir selbst teilhaben an jenem unsagbaren Geheimnis, das die Welt im Innersten zusammenhält.

 

Individuelle, persönliche Erfahrung gegen die mediale Fremdbestimmung und Dauerberieselung von heute und eine globale, universale Vision gegen die Gruppenegoismen, die kulturellen und religiösen Fundamentalismen von heute, das sind die beiden Brennpunkte meiner jesuitischen Weltsicht.

Glaube, Gerechtigkeit, Kultur und Dialog

Der Jesuitenorden, der von außen wie eine straff organisierte hierarchische Truppe wirken mag, hat im Grunde eine demokratischen Grundverfassung. Das zeigt sich unter anderem daran, dass die entscheidenden legislativen Vorgaben bestimmt werden von einer Versammlung, die aus gewählten Mitgliedern aus der ganzen Welt besteht.

Ich zitiere programmatische Sätze der 34. Generalkongregation aus dem Jahr 1995.

„Heute sind wir uns darüber im klaren:

Kein Dienst am Glauben ohne

Förderung der Gerechtigkeit,

Eintritt in die Kulturen,

Offenheit für andere religiöse Erfahrungen.

 

Keine Förderung der Gerechtigkeit ohne

Glauben mitzuteilen,

Kulturen umzuwandeln,

mit anderen Traditionen zusammenzuarbeiten.

 

Keine Inkulturation, ohne

sich über den Glauben auszutauschen,

mit anderen in Dialog zu treten,

sich einzusetzen für Gerechtigkeit.

Kein Dialog ohne

den Glauben mit anderen zu teilen,

Kulturen zu untersuchen,

Sorge zu tragen für Gerechtigkeit.

In diesem Parallelogramm von Glaube, Gerechtigkeit, Kultur und offenem Dialog bewegt sich die Weltsicht der Jesuiten. Lassen Sie mich zu den vier sich gegenseitig durchdringenden Dimensionen einige Bemerkungen machen.

1) Glaube in jesuitischer Weltsicht

Viele haben heute ihre Schwierigkeiten mit dem überkommenen christlichen Glauben und erst recht mit der Kirche. Die Regisseurin Doris Dörrie steht wie viele Zeitgenossen dem Christentum kritisch gegenüber. Sie sympathisiert mit dem Buddhismus. Sie sagte vor Jahren ungefähr so: „Im Buddhismus wird mir nichts vorgeschrieben, was ich glauben soll. Es wird mir einfach gesagt: ‚Hock Dich hin, halt Deine Klappe und schau, was passiert.“

Der Weg ins Schweigen, in die persönliche Erfahrung wird hier einem Christentum entgegengesetzt, das daherkommt als vorgegebene, satzhafte Lehre, die man für wahr halten und schlucken muss. Statt Indoktrination Offenheit für religiöse Eigenerfahrung!

Der Ansatz des Jesuitischen liegt ohne Zweifel bei Letzterem. Exerzitien funktionieren so ähnlich, wie es Doris Dörrie umrissen hat. Sie werden heute häufig als Einzelexerzitien gegeben: In drei, acht oder - das wäre die Vollform -  in dreißig Tagen setzt man sich der Stille aus und vertieft sich in die Lebensgeschichte Jesu. Nicht etwas machen oder gar manipulieren wollen, lautet die Devise, sondern etwas von innen her geschehen lassen: Sich selbst im Blick auf den Gottmenschen neu sehen lernen, eine Tiefenbohrung ansetzen und vorantreiben, um zum Wasser des Lebens vorzudringen, zu einem Quell der das tägliche Leben befruchtet.

Der heilige Paulus hat einmal Jesus Christus als das große „Ja Gottes“ bezeichnet, das „Ja zu allem, was Gott geschaffen hat“. Und wir sollten im Glauben in dieses Ja einstimmen und „Amen“ – So sei es! -  sagen (2 Kor 1, 20). Genau das meint Glauben: Mut zum Ja, Ja zu mir selbst, Ja zu meinen Mitmenschen und zu allem Geschaffenen. Selbstbejahung, Ja sagen zum anderen und mich bejahend hinein geben in diese Welt – dazu braucht es ein tiefes Vertrauen in die Wirklichkeit und Mut -  Glauben. „Dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt“, das war die Formel des von den Nazis hingerichteten Jesuiten Alfred Delp für seine Weltsicht in dunkler Zeit.

Ich will in einer Welt leben, in der alle großen religiösen Menschheitstraditionen den untergründigen mystischen Strom entdecken, der in seinen verschiedenen Seitenarmen letztlich von einem Ziel angezogen wird: Vom Vertrauen in Gott, der das Geheimnis dieser Welt ist, von der inneren Strahlkraft eines Lichtes, dem jeder Mensch folgen will, vom Ergriffensein durch eine Liebesenergie, die auf Einheit und Einklang von allem zustrebt.

Diese Symphonie wahrhafter Religiosität möchte ich sogar noch erweitern auf Menschen, die von sich aus sagen würden: Mit Gott und Glauben kann ich nichts anfangen. Ich bin religiös unmusikalisch.

Das spirituelle Zauberwort von heute heißt: Weisheit. Weisheit ist mehr als Intelligenz. Weisheit ist gewachsenes Lebenswissen, ein intuitives Überzeugtsein davon, dass es gut ist, ehrlich zu sein, sich einzusetzen für andere, positiv zu denken, Gutes zu tun, den eigenen Vorteil nicht absolut zu setzen, jeden Menschen zu achten und die Lebensgrundlagen der Erde, die Natur zu bewahren.

Ich möchte in dieser größeren Ökumene der Religiösen und Religionslosen leben. Das ist meine Glaubensvision. Ich persönlich bin davon überzeugt: Letztlich suchen alle das Zielbild des Gottmenschen, wie es Jesus von Nazareth vorgelebt hat. Jesus verkörpert für mich die existentielle Frage, die jeder Mensch ist, die Frage nach dem Warum, zugespitzt im sinnlosen Leiden und er verkörpert die Antwort auf diese Frage, die besagt: Durchgehaltenes Vertrauen, durchgehaltene Liebe bis in den Tod beantworten die große Lebensfrage.

Das in der Tiefe des Mensch- und Geschöpfseins grundgelegte Urbild Jesu Christi ist der Punkt Omega, ist die Spitze des Kegels, auf die sich alles zu bewegt. Christus ist in jedem Menschen schon da. Ich darf ihn in mir und in anderen als das wahre Selbst zum Leben erwecken. Das ist meine Sicht von „katholisch“, von „allumfassend“. Meine katholische Teilkirche sollte im Dienst dieser offenen Katholizität stehen. Das ist ihre Aufgabe und Verpflichtung. Sie sollte, um ein Bild Jesu zu wählen, „Sauerteig“ sein für diese Welt, ein Ferment, das Einheit aller von innen her voranbringt und schafft.

2) Gerechtigkeit

Kein Dienst am Glauben ohne Förderung der Gerechtigkeit. Diesen markanten Satz der 34. Generalkongregation hatte ich vorhin zitiert.

Diese enge Verbindung ist urbiblisches Erbe. Denken Sie an die Geschichte vom barmherzigen Samariter. Jesus karikiert in der Gestalt der Priesters und des Leviten eine Religiosität, die aus Angst vor sakraler Befleckung geflissentlich über die Not des geschundenen Mitmenschen am Wegesrand hinwegsieht. Der nicht rechtgläubige Außenseiter, der Samariter, wird von dieser Not im Innersten gerührt und sorgt für den Halbtoten. „Geh hin und mach’s genau so“, sagt Jesus mit dieser Geschichte dem frommen Pharisäer, der ihn fragt, wie man das ewige Leben gewinnen kann.

Gottes- und Nächstenliebe, Gottvertrauen und Tun des Gerechten bilden in der jüdisch-christlichen Tradition eine untrennbare Einheit. In der heutigen Weltsituation müsste man das Gleichnis vom barmherzigen Samariter noch ausweiten: Nicht bloß individuelle Hilfeleistung ist angesagt. Es müssen dauerhafte Strukturen geschaffen werden, dass Menschen nicht dauernd unter die Räuber fallen.

Ein ausbeuterisches Wirtschaftssystem, ein Finanzsystem nach dem Prinzip des Kasino-Kapitalismus, die schrankenlose Ausnutzung der Natur und ihrer Ressourcen, das steht heute auf dem Prüfstand. Künftige Katastrophen, nehmen wir nur den Klimawandel als Beispiel, zeichnen sich ab, wenn wir die Welt nicht unter dem Vorzeichen „Gerechtigkeit“ betrachten und umzugestalten suchen.

Es ist schlicht ein Skandal, dass etwa eine Milliarde Menschen hungern oder verhungern. Es ist ein Skandal, dass die Kluft zwischen arm und reich immer größer wird. Ganze Weltgegenden, ganze Schichten verarmen, während eine Minderheit nicht weiß, was sie mit ihrem Reichtum anfangen soll.

Ich möchte in einer Welt leben, in der die Maxime gilt: Die Wirtschaft ist für den Menschen da und zwar für alle Menschen und nicht für den Profit von einigen wenigen. Die Erde bietet genügend Raum und Ressourcen, um alle zu ernähren und allen zu einem menschenwürdigen Leben zu verhelfen.

Es war eine symbol-politische, prophetische Handlung, dass Papst Franziskus seine erste spektakuläre Reise nach Lampedusa machte, zu den Flüchtlingen vor der Festung Europa und dort auch der ertrunkenen Toten gedachte, die sich in den letzten Wochen wieder dramatisch gehäuft haben. Das Ja Gottes zur Welt ist in der jesuitischen Tradition besonders ein Sich-Hinneigen zu den Armen, den Ausgegrenzten, den Menschen am Rand. Es ist eine klare Konsequenz für einen Jesuiten auf dem Stuhl Petri, dass er immer wieder betont: Hört auf mit der kirchlichen Selbstbespiegelung, geht an die Ränder, geht zu den Armen. Dorthin ist Gott in Christus gegangen.

Ich möchte in einer Welt leben, in der die Vereinten Nationen zunehmend eine Ordnungsmacht werden, die in einer föderal gegliederten Welt Mindeststandards an Recht und Gerechtigkeit garantiert. Diese weltweite zentrale Ordnungsmacht sollte die regionalen und nationalen Egoismen eindämmen und nach den Prinzipien der Subsidiarität und Solidarität vorangehen: Was die kleineren, regionalen Einheiten leisten können, dass sollen sie umsetzen, aber immer so, dass das große Ganze im Blick bleibt. Die Welt sollte nach der Vision Jesu „Reich Gottes“ werden. Heute ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung: Gerechte Strukturen schaffen, damit alle menschenwürdig leben können.

3) Kultur

Glaube und Gerechtigkeit müssen sich verbinden mit Inkulturation. So die 34. Generalkongregation der Jesuiten.

Kultur meint alle von Menschen geschaffenen Sinndeutungen und ihre Objektivationen in Werkzeugen und Architektur, Ton und Schrift, Verhaltensmustern und Riten. Da nichts davon in der Natur vollständig vorgegeben ist, entwickeln sich verschiedene Kulturen und verändern sich im Lauf der Zeit. Wir leben in einer Zeit beschleunigten kulturellen Wandels, kultureller Vielfalt, aber auch in einer Zeit kultureller Vereinheitlichung bis hin zur Gleichmacherei.

Der Generalobere der Jesuiten, Pater Adolfo Nicolas, hat im August in einer Rede betont, ignatianische Spiritualität müsse heute ein Gegengewicht bilden gegen die Globalisierung der Oberflächlichkeit.

Informationen sind heute blitzschnell zu haben. Ein Klick ins Internet genügt. Der Informationsaustausch hat astronomische Ausmaße angenommen. Aber wo bleibt die echte Kommunikation, wo bleiben Tiefe und Dauer von Wissen, von Beziehungen, von kulturellen Objektivationen? Bleibt in der schönen neuen Informationsgesellschaft nicht zu viel Wesentliches auf der Strecke, weil man nur an der Oberfläche entlang surft?

Werfen wir aus dem weiten Feld der Kultur einen Blick auf ein exemplarisches Segment: den Umgang des Menschen mit seiner Sexualität und - damit zusammenhängend - die Beziehungen der Geschlechter.

Was hat sich in unseren Breiten während der letzten 50 Jahre nicht alles verändert auf diesem Gebiet! Die Klage allein über verloren gegangene Moral oder brüchige Beziehungen nützt wenig. Es heißt, die heutige Realität nüchtern in den Blick nehmen, sie mit einem tiefer gehenden Blick beurteilen, um dann entsprechende Handlungs- und Zielvorgaben zu formulieren.

Die sexuelle Revolution der 60er Jahre war zweifellos ein Ausbruch aus einem angstbesetzten, oft verklemmten Gefängnis, in das die Sexualität des westlichen Menschen eingesperrt war, mit all den Folgen von Doppelmoral, Angst  und Vertuschung.

Da heißt es klar sehen und sagen: Der Mensch ist von Gott dazu geschaffen, seine Sexualität frei und verantwortlich zu entfalten und zu leben. „Sünde“ bedeutet von der mittelalterlichen Wortwurzel her „Absonderung“. Die Verdrängung des Sexuellen führt nur zu verklemmtem Krampf. Das wahllose Ausleben des Sexuellen führt zu schalem Überdruss und existentieller Leere. Wie jeder Rebstock muss diese Grundkraft des Menschen gepflegt, auch beschnitten und zur Frucht geführt werden. Wer einen Rebstock nicht beschneidet, sondern alle Triebe wahllos wachsen lässt, der bekommt am Ende keine saftigen Trauben, sondern nur kleine, saftlose, verhutzelte Träubchen.

Übertragen wir dieses Gleichnis: Sexualität ist die vitale Grundkraft, die auf Vereinigung drängt. Sie ist die polare Schwester der Aggressivität, die auf Abgrenzung und Selbststand aus ist. Sexualität als Urkraft soll zu dauerhaften-lebendigen, ‚“fruchtbaren“ Beziehungen führen, und das in verschiedensten Formen von „Fruchtbarkeit“. Eine vornehmliche Form von Lebensbeziehung ist die Ehe, die Verbindung von Mann und Frau, die über sich selbst hinauswächst im Kind.

Wir werden hoffentlich in einer Welt leben, in der die Ehe geschützt und geschätzt ist. Wir werden aber hoffentlich auch in einer Welt leben, in der andere Formen der gelebten Sexualität, zB die homosexuelle Verbindung zweier Menschen, aus der Ecke der Diskriminierung herausgeholt werden. Zurückweisung jeder Art von Diskriminierung heißt allerdings nicht, dass jetzt alles gleichgemacht und gleich behandelt wird. Man sollte meines Erachtens das Wort „Ehe“ nicht umcodieren und auf homosexuelle Partnerschaften ausdehnen. Alle Achtung vor Menschen des gleichen Geschlechts, die sich dauerhaft aneinander binden! Diese Verbindung sollte natürlich auch rechtlich abgesichert sein. Das ist keine Frage; aber das müsste auch gar nicht auf eine sexuelle Beziehung eingeschränkt sein.

Nehmen Sie unsern Orden als Beispiel: Wir leben hoffentlich auch künftig in einer Welt, in der die frei gewählte Ehelosigkeit geschätzt und gewählt wird. Warum sollen solche Gemeinschaften, die auf Gütergemeinschaft und lebenslanger Bindung beruhen, nicht auch im staatlichen Recht abgesichert sein? Wenn ich heute auf der Intensivstation liege, haben meine Mitbrüder, wenn ich nicht vorher ausdrücklich einen autorisiert habe, keinen Zutritt, weil sie keine Verwandten sind. Vor dem weltlichen Recht bin ich lediglich ledige Privatperson. Wichtig sind doch die verbindlichen Beziehungen, in denen wir leben. Das ist das Netz, das uns trägt und auffängt. Das ist der Rückhalt, mit dem wir aus uns herausgehen und Leben gestalten und Schweres durchhalten.

Machen wir einen Sprung zurück in die Menschheitsgeschichte. Die Menschheit hat über Jahrtausende in Großfamilien und Sippen gelebt. Das war ein naturgegebener, vorgegebener Zusammenhalt. Mein Zukunftsideal ist die frei gewählte Sippe, der Verbund von Freunden, Bekannten und natürlich von Partnern, Familien und Verwandten. Wir merken doch schon heute, dass die staatlich organisierte Betreuung bei Kindern und Alten an Grenzen stößt. Menschliches Miteinander lässt sich nicht nach den Effizienzkritierien der produzierenden Wirtschaft planen. Da braucht es gesellschaftliche Zwischenebenen – im Stadtteil, in religiösen Gemeinschaften, in Vereinen und Verbünden - , also freie Vereinigungen von Menschen, die sich im täglichen Leben begleiten und stützen. Ein solch freier Verbund wird nicht immer auf eine Nationalität, auch nicht auf eine Religion oder Kultur beschränkt sein. Eine vielfältig vernetzte globale Welt sollte sich herausbilden. Vielfalt bewahren und trotzdem sich eins und verbunden wissen, das wird hoffentlich die künftige Sozialgestalt sein.

Die christlichen Kirchen sollten da Vorreiter sein, die trennenden konfessionellen Grenzen abbauen, um innerhalb einer säkularen Gesellschaft „Licht der Welt“ zu sein, vielgestaltige Einheit vorzuleben, eine Einheit, die sich eben nicht nur auf Religiosität und Innerlichkeit beschränkt, sondern das ganze Leben umgreift.

4) Dialog

Sie erinnern sich, dass die vierte Dimension im jesuitischen Kräfteparallelogramm der Dialog war. Ich zitiere nochmals:

Kein Dialog ohne

den Glauben mit anderen zu teilen,

Kulturen zu untersuchen,

Sorge zu tragen für Gerechtigkeit

Dialog ist das, was als Grundmuster hinter der ganzen Bibel steht, eine Art ‚Cantus firmus’ der ganzen Offenbarung: Ein weltjenseitiges, souveränes „Du“ – Gott – tritt in Dialog mit uns. Gott setzt die Welt ins Dasein und eröffnet den Dialog, indem sich die Schöpfung entwickelt und als deren Krönung im Menschen ein freies Wesen entsteht, das Ja sagen kann zu Gott und seiner Welt, selber zu einem dialogfähigen offenen Wesen wird oder – das wäre die Ursünde – in sich selbst, in blindem Egoismus stecken bleibt. Der in sich selbst verkrümmte, dialogunfähige Mensch, der nicht das freie Ja zur Wirklichkeit lebt, ist das Zerrbild des Menschen. Der Mensch als Wesen, das über sich selbst hinaus offen ist, seine Freiheit lebt in der Hingabe an Gott, an das Leben, an seine Mitmenschen, das ist das wahre Bild des Menschen.

In einer solch dialogisch geprägten Welt möchte ich leben. Die Achtung vor allem, was ein menschliches Antlitz trägt, sollte wie der Artikel 1 unseres Grundgesetztes allem voran stehen. Die Achtsamkeit darf nicht auf die Menschenwelt eingegrenzt sein. Der Mensch muss Verantwortung für die ganze Schöpfung übernehmen. Er hat den Garten dieser Erde zu hüten und zu pflegen.

Ein Grundübel der Menschheitsgeschichte ist das Abgleiten in die Gewalt. Gewaltsames Verhalten kommt aus einem verzerrten Blick auf die Wirklichkeit. Die Quelle der Gewalt ist oft mangelnde Selbstannahme, Mangel an vertrauensvoller, geduldiger Liebe. Gewalt macht den anderen zum Objekt oder benutzt ihn als Mittel zum Zweck. Gewalt demoliert letztlich die eigene Seele, denn der andere, auch die äußere Natur ist immer auch ein Teil von mir selbst.

Wir werden hoffentlich in einer Welt leben, die in Religionen, Weltanschauungen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Konzepten einen Spürsinn dafür hat, was Gewalt nach sich zieht. Dagegen heißt es anzugehen und sich für das zu entscheiden, was komplexere Einheit in Liebe fördert.

Gott hat uns – nach christlichem Verständnis – in seinem Sohn die Hand der Freundschaft gereicht, er will uns teilhaben lassen an seinem eigenen trialogisch-freundschaftlichen Wesen. Die treffendste Weltformel ist für mich das kürzeste und schönste Glaubensbekenntnis der Christenheit. Es steht im Ersten Johannesbrief und lautet ganz lapidar und schlicht: Gott ist die Liebe (1 Joh 4,16). Diese Tiefenwahrheit soll immer mehr in unserer realen Welt zum Tragen und zur Entfaltung kommen.

Die Vision Gottes für diese Welt

In einem letzten Umgang möchte ich die Frage stellen: In welcher Welt wollte Gott leben?  Oder anders gefragt: Wie hat sich Gott die Welt gedacht?

Sie denken sich vielleicht: Wie kann er das wissen? Ich von mir aus weiß es nicht, doch gibt das Wort Gottes, die Bibel darüber Auskunft, und zwar in den ersten 11 Kapiteln des Buches Genesis. Man nennt diesen Auftakt der Bibel die Urgeschichten. Es sind mythische Erzählungen, die nicht sagen, wie genau der historische Anfang war. Sie handeln von einer Zeit vor der historisch erzählbaren Zeit. Große Mythen deuten die Welt mit den Grundfragen des Menschen, und zwar durch Geschichten, die nie passiert sind und die immer passieren.

Die ersten Kapitel der Bibel erzählen von einem Ur-Anfang und gleichzeitig von der Vollendung. Sie zeigen auf, wie die Welt wirklich ist und wie sie sein sollte, wie sie von Gott her gedacht war. Sie erzählen von der Sehnsucht, vom Traum Gottes für diese Welt. Die Spannung zwischen Ideal und drastischer Realität bestimmt diese Geschichtenfolge und man muss sie als Einheit, als sich gegenseitig bedingenden Erzählkranz deuten.

Das Gedicht, das die Schöpfung als Siebentagewerk Gottes nachzeichnet, sagt: Gott hat ein geordnetes Lebenshaus geschaffen und der Mensch als Krone der Schöpfung sollte Sachwalter Gottes und damit für die harmonische Ordnung der Welt zuständig sein. Das Ziel alles Geschaffenen ist der siebte Tag, der Tag der Ruhe, der Feier, des Dankes. Er ist Symbol dafür, dass der weltjenseitige Gott in dieser Welt geheimnisvoll gegenwärtig ist, denn er hat sich in allem Geschaffenen ausgedrückt und ausgesprochen. Der ältere Schöpfungsbericht in Genesis 2 beschreibt in archaischen Bildern eine ähnliche Vision: Die Welt, ein wunderbarer Garten, der Mensch – noch nicht der Mann, sondern Adam, der Erdling - ist in diesen paradiesischen Garten gesetzt, doch als Einzelwesen fühlt er sich einsam. Gott kommt dieser Sehnsucht zu Hilfe und erschafft ihm die Tiere und schließlich – als Erfüllung seiner Sehnsucht nach Ergänzung – die Frau. Jetzt erst ist Adam „Isch“, der Mann, weil ihm „Ischa“, die Frau, Eva, zur Seite gegeben ist. Sie ist von seiner Rippe, das heißt, von seinem Herzen genommen als gleichberechtigte Partnerin. Die körperlich-seelische Einheit der beiden – in der Sprache der Bibel: Die Zwei werden „ein Fleisch“ – ist der Zielpunkt, die Vollendung des Schöpfungswerkes.

Das ist eine wunderbare Vision der Welt: Gott, der die Welt dem Menschen als blühenden Garten übergeben hat, den es zu hegen und zu pflegen gilt, Gott, der in der Liebeseinheit von Mann und Frau den Zielpunkt der Schöpfung gesetzt hat. Der Mensch sollte leben unter den Augen eines gütigen Gottes: in Einklang mit sich, mit dem Mitmenschen und mit allem Geschaffenen. Das wäre umfassendes ökologisches Bewusstsein. Ist das nicht ein tiefer Traum, der in jedes Menschenherz hineingelegt ist?

Den Gegenpol zu den ersten beiden Kapiteln bilden die Kapitel 5 bis 10. Es ist die Geschichte der großen, vernichtenden Flut. Diese Flut ist Symbol für das Chaos, in das die Welt versinken kann, wo Gott doch am Anfang das Chaos geordnet und ‚Kosmos’ geschaffen hat. Im 6. Kapitel heißt es lapidar: „Der Herr sah, dass auf der Erde die Schlechtigkeit des Menschen zunahm und dass alles Sinnen und Trachten seines Herzens immer nur böse war. Da reute es den Herrn, auf der Erde den Menschen gemacht zu haben.“ Da die Erde voller Gewalt ist, ist sie dem Untergang geweiht und das wird drastisch geschildert in der Geschichte von der Sintflut. Doch Noach, „ein gerechter, untadeliger Mann“ findet Gnade. Er rettet das Werk Gottes. Mit ihm setzt Gott einen neuen Anfang. Der Regenbogen ist nach überstandener Flut das Zeichen, dass Gott seiner Erde treu bleibt. „Steht der Bogen in den Wolken, so werde ich auf ihn sehen und des ewigen Bundes gedenken zwischen Gott und allen lebenden Wesen, allen Wesen aus Fleisch auf der ganzen Erde.“ (Gen 9,16)

In den beiden entgegen gesetzten Polen „Paradiesesgarten“ und „Flut“ zeigt sich die labile Balance unserer Erde und die Botschaft dahinter lautet: Gott verbündet sich mit denen, die inmitten der universalen Schlechtigkeit und Gewalt einen neuen Anfang wagen und Leben retten so wie Noach.

Der Abfall von der ursprünglichen Vision Gottes beginnt schon im Paradies. Die Schlange sät ins Herz der Menschen das Misstrauen gegen Gott. Er hatte ihnen den wunderbaren Garten ganz übergeben, nur vor der geheimnisvollen Mitte allen Lebens, dem Baum des Lebens, sollten sie sich in Ehrfurcht verneigen und von dieser Frucht nicht essen. Das Geheimnis der Mitte kann keinem menschlichen Zugriff ausgeliefert sein. Das Geheimnis des Lebens kann man nur dankbar staunend verehren.

Doch die Schlange verdreht die Aussagen Gottes: „Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen?“ Mit dem Misstrauen gegen den gütigen Gott wird die Lüge gesät und nimmt das Verderben seinen Lauf. Die Menschen verlieren das Paradies.

Im vierten Kapitel, in der Geschichte von Kain und Abel, wird grell deutlich, dass Menschen, die Brüder sein sollten, durch Eifersucht und Hass in den Sog der Gewalt geraten und der eine den anderen umbringt. Und Gott  versucht immer wieder, den zornigen Kain zum Guten zu bewegen. „Die Sünde lauert als Dämon vor deiner Tür. Auf dich hat er es abgesehen, doch du werde Herr über ihn.“ (Gen 4,7) Doch diese ermutigende Zurede nützt nichts. Das Verhängnis des Brudermords nimmt seinen Lauf. Am Ende schützt Gott sogar den Mörder. Das berühmte Kainsmal sollte ein Zeichen sein, dass ihn nicht jeder erschlagen darf. Und dann ein weiteres Wunder: Adam erkennt noch einmal seine Frau. Sie gebiert einen Sohn, Set, Setzling genannt. Dieser zarte Setzling hat wieder einen Sohn, Enosch, Menschlein genannt. In dieser Ahnenreihe steht Jesus von Nazareth, der Menschensohn, der inmitten einer gar nicht paradiesischen Welt ein neues, unüberbietbares Zeichen dafür setzt, dass Gott es mit dieser Welt gut meint und sie der Vollendung, dem Paradies der Zukunft, entgegenführt.

Die letzte der Urgeschichten, die Erzählung vom Turmbau zu Babel, will deutlich machen: Der Versuch des Menschen, eine Einheitskultur, einen Einheitsstaat herzustellen ist von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Gott will die Vielfalt der Sprachen, Kulturen und Staaten und in all dem soll es menschlich zugehen.

Sie sehen: In alten Geschichten wird hier eine die Zeiten überdauernde, zukunftsgerichtete Vision unserer Welt entwickelt!

Selbstverständnis der Jesuiten nach dem Konzil

In welcher Welt wollen wir leben? Ich habe versucht, aus der biblischen Vision und aus jesuitischer Spiritualität eine Antwort zu skizzieren. Wir sind als Orden Teil der römisch-katholischen Kirche und wollen in der im Zweiten Vatikanischen Konzil eingeschlagenen Richtung entschieden weitergehen.

Der Orden hat 1965 mit der 31. Generalkongregation auf den Neuaufbruch des Konzils reagiert. Aus dem damaligen Dekret 1 (Nr 5 u 6) einige Sätze zum Abschluss:

„Heute erfährt unsere Gesellschaft wie die ganze Kirche einen tiefen Wandel in der Geschichte der Menschheit. Ihre eigenen Mitglieder nehmen teil am ‚sozialen und kulturellen Umbruch’ der Gegenwart, an neuen Lebensformen, die sich aus gesellschaftlichen Verflechtungen, Verstädterung, Industrialisierung und zunehmender Kommunikation unter den Menschen ergeben, am Wandel der Art des Denkens, des Fühlens und der Einschätzung der Werte des menschlichen Lebens. Sie erfahren auch den gewachsenen Sinn für Freiheit und das allgemeiner gewordene Streben nach ‚vollem und freiem Leben’...

Alle Mitglieder der Gesellschaft richten, im Glauben verwurzelt, mit allen übrigen Christen ihren Blick auf Christus. In ihm finden sie die unbedingte Vollendung der Hingabe und die ungeteilte Liebe, die allein den Menschen mit Gott und mit sich selbst versöhnen. ...

In welcher Welt wollen wir leben?

Wie die Zukunft wird, ich kann es Ihnen nicht sagen. Halten wir uns an Antoine de Saint-Exupéry, der einmal geschrieben hat: "Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen."

Voila, das wär’s. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Zurück
Zurück

Abgestiegen zu der Hölle